Uhren – ein Streben nach Perfektion des alltäglichen Lebens
Die Elefantenuhr von Ismail al-Jazari
Anjuschka Prenzel*
Diese formschöne Verkörperung des Zeitflusses ist sehr
beeindruckend. Al-Jazari war ein echter Tüftler. Drei Menschen, drei Vögel und
zwei Drachen, dazu noch einen Elefanten als Uhrwerk zu verarbeiten finde ich
nicht nur kunstvoll, sondern zeigt die enge Verbindung, in welcher früher die
Menschen mit der lebenspendenden Natur standen. Wir schauen uns zwar für neue
Technologien gern in der lebendigen Welt um, aber würdigen wir genug ihre
tollen Ideen? Und haben wir genug Achtung vor ihren älteren Rechten? Was wir
auch immer entdecken, die Natur hat es schon vor uns gewusst!
2 Ein Vogel sitzt ganz oben
Ich frage mich, wo hat al-Jazari begonnen? Eigentlich
müsste er das Ganze auf einmal vor sich gesehen haben, denn es ist ein
Kreislauf, also da gibt es keinen Anfang und kein Ende. Aber einen Anfang gibt
es schon, nämlich morgens, wenn 29 Kugeln in ein Fach oben eingelegt werden und
ein Schwimmer (siehe Bild 1) aktiviert wird im Bauch des Elefanten. Die Uhr ist
für 14 Tagesstunden konzipiert worden. Alle halben Stunden pfeift der Vogel
ganz oben und dreht sich dabei, es soll ein Phönix sein. Der Pfeifton wird im
Bauch des Elefanten mittels einer Pfeife auf dem Rand des Schwimmers
erzeugt, wenn der Schwimmer drastisch
absinkt und die Luft dabei in die Pfeife gedrückt wird. Die Pfeife kommt nicht
unter die Wasseroberfläche. Bestehend aus einer hohlen Kupferkugel, die auf
einem dünnen Rohr mit einer kleinen Öffnung sitzt. Der Schwimmer hat einen nach oben gewölbten
Deckel aus dünnem Kupferblech, der ihn nicht völlig verschließt, sondern eine
halbmondförmige Öffnung frei lässt. Ein Loch im Deckel nimmt die Pfeife auf.
Ein zweites Loch lässt die Schnur der Kugel des Schreibers durch. Beim Absacken
wird die Luft in die Pfeife gedrückt. Oben kommt dabei die Kugel zum Rollen und
der Phönix dreht sich mittels des Flügelrades.
Und ein Ziffernblatt mit Löchern, welche für die
vergangenen Stunden stehen, befindet sich vor dem pfeifenden Phönix. Doch es sind noch mehr Protagonisten im
Spiel. Das soll kein Widerspruch an sich sein, denn wie gesagt es ist ein
Kreislauf und alle haben Priorität!
Bild 1. Schwimmer im Bauch des Elefanten
Bild 3. Übersicht des Aufbaus der Elefanten-Uhr von
Ismail al-Jazari
3 Wenn die erste Kugel rollt
Damit morgens, nachdem alle Kugeln eingelegt wurden, die
Uhr in Gang kommt muss die erste Kugel aktiviert werden, damit der Schwimmer
aus dem Wasser gezogen wird, der mit einem lockeren Scharnier an der
Bottichwand befestigt wurde und über Ketten nach oben verbunden ist. Deshalb
sind es nicht 28 Kugeln, sondern 29. Der Schreiber wird auch wieder nach rechts
gedreht. Damit sind alle Löcher auf dem Ziffernblatt schwarz: Rollt die zweite
Kugel, ist ein Loch zur Hälfte weiß, die erste halbe Stunde ist vergangen.
(siehe Bild 3)
Der Schwimmer ist eine halbkugelförmige Schale aus
Messing. In der Schale ist ein Loch, das mit einem Onyx wiederum verschlossen
wurde, der auch ein Loch hat und mit Wachs verklebt ist. Ja, so leicht
funktioniert das Uhrwerk nicht. Al-Jazari wies stets darauf hin, dass viel
Probieren und Fingerspitzengefühl für diese Uhr nötig sei! Der Schwimmer ist
mit dem beweglichen Kanal im oberen Teil des Turmes verbunden und bringt
während des Sinkens die Kugel zum Rollen, dabei vergeht eine halbe Stunde. Also
es müssen erst einmal der Phönix und die
Kuppel abgenommen werden und die Kugeln in den festen Kanal manuell eingelegt
werden in gesunkenem Zustand. Damit der Schwimmer wieder hochgezogen wird, muss
die erste Kugel rollen! Dabei wird die Kette eines Drachens wieder im Schwanz aufgerollt. Der Schwanz hat
dafür einen Schlitz und damit die Kette nicht herausfällt halten Zähne, die
links und rechts davon angebracht sind, die Kette fest. Das Maul kippt nach
unten wenn die Kugel drauf fällt und zieht den Schwimmer wieder hoch weil eine
Kette oder Seil im Schwanze des Drachens befestigt wurde, die zum Schwimmer
führt.
Vom Schwimmer gehen demzufolge zwei Ketten aus, die durch
einen Ring so verbunden sind, dass sie beim Absinken die Schüssel umfassen und
der Lichtring sich in der Höhe der Scharnierbefestigung an der Wand befindet.
Hinter dem Lichtring werden die Ketten wieder geteilt und gehen vom unteren
Podest, hinter der Schreiberkuppel, jeweils zu einem Drachen.
Das Sinken des Schwimmers aktiviert also die zweite Kugel,
der Drache kippt und zieht den Schwimmer wieder nach oben. Und das alle halben
Stunden. Also in einer halben Stunde ist die Schüssel voll, sinkt, die zweite
Kugel wird frei, das erste schwarze Loch wird zur Hälfte weiß. Dann läuft alles
wie von selbst? Einmal wird der linke Arm gehoben und der linke Drache spuckt
die Kugel aus und dann der rechte.
Bild 3. Das Ziffernblatt zeigt die vergangenen halben
Stunden an
Zur Aufnahme der 29 Kugeln wird ein Kanal so an einer
Seitenwand befestigt und auch an der Rückwand, dass er etwas schräg nach unten
steht. Quer dazu wird ein beweglicher Kanal auf einer Achse an der Turmwand
angebracht, der an seiner Seite ein Loch von der Größe einer Kugel hat. Dieses
Loch wird vor die Öffnung des festen Kanals positioniert und beim Ziehen oder
wieder Auffahren der Schwimmerkette wird entweder eine Kugel durchgelassen oder
eine gesperrt.
Bild 4. Rechts ist der Kugelkanal, er trifft auf den
beweglichen Kanal, der eine Kugel aufgenommen hat und beim Abgeben (Ziehen des
beweglichen Kanals) den Kugelkanal durch eine unten angebrachte Klinge sperrt
(siehe Bild 5)
Bild 5. Klinge (violett) des beweglichen Kanals sperrt den
Kugelkanal
4 Der Phönix und sein Flügelrad
Doch bleiben wir in der Reihenfolge von oben nach unten.
Der Phönix pfeift nicht nur wenn der Schwimmer hochgezogen wird, sondern er
dreht sich schnell, weil eine aktivierte Kugel auf ein mit ihm verbundenes
Flügelrad fällt. Das Rad ist nach dem Schema einer Weihnachtspyramide
konstruiert. Vom beweglichen Kanal kommt die Kugel angesaust, fällt auf das
Flügelrad mit beweglicher Lagerung und bringt es zum Drehen und die Kugel
stürzt ab auf eine darunter liegende Plattform mit Aussparung zum
Weitertransport. Die Kugel kollert nun zum Wippensystem, dem Balancekanal,
damit die Kugel zum linken oder rechten Falkenkopf weitergeführt werden kann. Der
Schnabel des Falken ist durch ein Scharnier beweglich gemacht worden. Aus dem
Falkenschnabel rollt dann die Kugel ins Drachenmaul. Die 29 Kugeln, welche für
14 Tagesstunden benötigt werden,
bestehen aus gegossener Bronze mit einem Einzelgewicht von 30 Dirhams.
Ein Dirham ist eine arabische Münze.
Bild 6. Das Flügelrad ist mit dem Phönix ganz oben
auf der Kuppel verbunden
Der Weitertransport der Halbstundenkugel machte dem Genius
Al-Jazari auch keine Sorgen. Ein interessanter Trick mit einer Wippe aus einem
rechtwinklig gebogenen Kanal löste das Problem der wechselnden Seite von linker
zu rechter Schlange und umgekehrt. (Bild 7)
Sicherlich wurde als Material Kupfer verwendet, denn der
rechte Winkel entstand durch Biegen. Die Rückwand des Turmes auf dem Elefanten
hatte einiges festzuhalten. Dafür einen Träger, welcher die bewegliche Achse
mit dem Winkelkanal festhält. Das Highlight der Wippe ist eine zweite Achse
darunter mit zwei kurzen Vorsprüngen auf ihr, die einen Zapfen, der auf der Balanceachse angelötet
wurde, einmal auf den linken Vorsprung und einmal auf den rechten Vorsprung
drückt, je nachdem, ob der Winkelkanal nach rechts oder nach links kippt. Der
Balkonwächter ist mit der zweiten Achse verbunden, und hebt durch die Wippe
einmal den rechten Arm, kippt nach links und dann wieder den linken Arm und
kippt nach rechts. Am Ende der Achse des Winkelkanals befindet sich ein
angelötetes Rohr, in welches eine Bleikugel mit dem Gewicht von 5 Dirham
hineingesteckt wird, die sich frei bewegen kann in der beidseitig geschlossenen
Röhre. Fällt die Halbstundenkugel, dann trifft sie auf den Balancekanal und
dadurch rollt die Bleikugel im Rohr, das sich auf der Achse mit dreht in die
andere Richtung und schaltet somit den Winkelkanal in die andere Richtung.
Der Balkonwächter,
ist sicher mit der zweiten Achse
verbunden und folgt dieser Bewegung hin und her. Er hat ein balkonartiges Brett
unter sich. Die Figuren müssen sehr
leicht sein, z.B. aus Pappmaché oder gebrochenem dünnem Kupfer.
Beim Falkenkopf kommt die Kugel heraus. Dieser hat einen
beweglichen Oberschnabel durch ein Scharnier, wenn die Kugel durchkommt, die
ins Maul des Drachens fällt.
Bild 7. Balancekanal
6 Die Drachen und ihre Ketten
Die Drachen bestehen aus Messing und sind im Körper mit
Blei gefüllt. Nach dem Kippen richtet sich der Körper des Drachens deshalb
durch sein Übergewicht wieder auf und behindert den Schwimmer nicht mehr am
erneuten Sinken. Zwischen den Krallen befindet sich auf der Achse, die die
Krallen aufnimmt, ein Kupferring mit einer Nut, der die Kette aufrollt, die am
Schwanz befestigt ist zum Heben des Schwimmers. Die Achse wird in Querbalken
zwischen den Pfeilern eingehangen.
7 Der Schreiber
Der Schreiber sitzt
auf einer runden Platte, welche in 7,5
Grade eingeteilt wurde. Er hat einen Stift in der Hand und bewegt sich
während einer halben Stunde von rechts nach links. Ist sein Stift bei 7,5 Grad
angelangt, ist eine halbe Stunde vergangen.
Das äußert sich im Schlag des Mahouts auf den Elefantenkopf. Es ist
anzunehmen, dass sich auf dem Elefantenkopf ein Klangkörper befindet, jedoch
habe ich darüber bei al-Jazari nichts gefunden.
Während einer halben Stunde füllt sich der Schwimmer, der dreht den
Schreiber auf 7,5 Grad. Der Kugelmechanismus wird in Gang gesetzt, die Hälfte
eines Loches auf dem Ziffernblatt wird weiß, der rechte Arm des Falkenwächters
war erhoben und der rechte Drache spuckt. Während der nächsten halben Stunde
dreht sich der Schreiber wieder um 7,5 Grad und der linke Arm des
Falkenwächters gibt die Kugel frei und der linke Drache spuckt. Das Loch ist
nun völlig weiß. Eine volle Stunde ist rum und der Schreiber fährt auf Null
Grad zurück. Alles wird mit Ketten, Seilen und Wippen gesteuert. Die Wippen
ermöglichen den Wechsel von rechts nach links und umgekehrt.
Der Schreiber ist auf einer Plattform so positioniert,
dass unter ihm eine Art Spule mit Seidenseil und Gewichten mit ihm verbunden
sind. (siehe Bild 8) Die Gewichte laufen links und rechts über Rollen wie bei
einem Flaschenzug. Ein Ende des Seiles mit der schwereren Kugel befindet sich
im Schwimmer, im Bottich des Elefantenbauchs, und sinkt mit dem Schwimmer, eine
Bronzekugel mit einem Gewicht von ca. 30 Dirhams, das andere Ende hat nur ein
geringeres Gewicht daran, vom fünffachen eines Dirhams und dient als
Gegengewicht beim Zurückspulen während des Auffahrens des Schwimmers. Während
des halbstündigen Sinkens des Schwimmers, der die Bronzekugel enthält, rollt
sich die Spule ab und der damit verbundene Schreiber zeigt nacheinander
die Markierungen mit seinem Stift an bis
er 7,5 Grad erreicht hat, was einer halben Stunde entspricht. Seine Stellung
des Stiftes ermöglicht also das Ablesen der Zeit, d.h. das Ablesen der Minuten
innerhalb einer halben Stunde zusätzlich zu der Zeitangabe auf dem Ziffernblatt
oben auf der Kuppel gegenüber dem Phönix. Allerdings kann ich mir das praktisch
nicht vorstellen, da der Elefant
lebensgroß ist und man eine Leiter bräuchte um zum Schreiber zu
gelangen. Wird der Schwimmer durch den Drachen wieder hochgezogen, erfolgt
durch das geringere Gegengewicht des Flaschenzuges der Spule ein Zurückdrehen
des Schreibers auf Null. Das Ganze kann von vorn beginnen.
Bild 8. Der Schreiber sitzt auf dieser Vorrichtung.
Die linke Kugel ist im Schwimmer, unten im Bauch des Elefanten (siehe Bild 1),
die rechte Kugel dient zum Aufrollen beim Hochziehen des Schwimmers.
8 Ein Ziffernblatt mit feinem Silberkreis, die Uhr
Der Turm auf dem Elefanten wurde aus Messing gefertigt.
Die Stirnseite des Turmes ist höher als die anderen drei Platten und wurde oben
zu einem Halbkreis ausgemeißelt. Der Halbkreis erhält 15 Löcher und wurde zum
Betrachter an der Stirnseite gebogen. Das, was die eigentliche „Uhr“ ist,
besteht aus einem feinen Silberring, der zur Hälfte geschwärzt wurde, die
andere Hälfte ist weiß. An den Silberring wird eine kreisförmige Kupferplatte
dahinter angelötet. In der Mitte dieses
Duos befindet sich eine nach vorn und
hinten durchgehende Achse, auf der die Konstruktion gut beweglich ist. Davor
wird die im Halbkreis ausgemeißelte Platte mit 15 Löchern in der Mitte etwas
aufgebohrt, damit sie diese Achse aufnehmen kann, ohne dass es der Betrachter
sieht. Das andere Ende wird in einen Querbalken in der Nähe der Rückseite
gesteckt. Der Betrachter, der unten steht, sieht jetzt die Löcher bedeckt. Früh, alle schwarz. Vergeht eine
halbe Stunde, dann ist ein Loch halb weiß. Vergeht noch eine halbe Stunde, dann
ist das erste Loch völlig weiß. Der Betrachter sieht, dass die erste Stunde des
Tages vergangen ist. Beim Schreiber kann er noch etwas genauer den Zeitpunkt
innerhalb dieser Stunde erfahren.
Doch das ist nur der leichtere Teil von der
Uhrengeschichte. Mit der feinen Silberplatte hat es noch etwas auf sich. Die
silberne Hälfte besitzt 30 Zähne, die von einem Messer nacheinander aufgesucht
werden. Das Messer wurde unter dem beweglichen Kanal angebracht und mittels
einer Achse an der Wand befestig. Unter dem Kopf ist auch ein Lager. Die Zähne
stehen im rechten Winkel zum Umfang und sind so groß wie Gerstenkörner. Der
Messerkopf ist durch ein Scharnier nach unten beweglich, weil er auch
zusätzlich mit Blei beschwert wurde. Der Kopf steht zwischen dem ersten und
zweiten Zahn und das lange Ende ist unter dem beweglichen Kanal angebracht. Ist
der Schwimmer mit Wasser gefüllt, zieht er am Kanal, der eine der 29 Kugeln aufnimmt und kippt. Dabei wird das
hintere Teil des Messers nach unten gedrückt und der Messerkopf gestrafft,
dessen Scharnier nach oben zu starr ist, und drückt die Silberplatte vorwärts, das
erste Loch wird zur Hälfte weiß. Geht der bewegliche Kanal zurück, erschlafft
der Messerkopf, weil er durch das Scharnier beweglich ist. Das hintere Teil auf
der Achse steigt nach oben, wenn der Schwimmer wieder auf der Wasseroberfläche
ist. Der Messerkopf kommt zwischen dem dritten und vierten Zahn zu stehen. So
arbeitet sich das Messer von Zahn zu Zahn und färbt stündlich ein Loch weiß.
Das Messer befindet sich wie gesagt auf einer beweglichen Achse unterhalb des
beweglichen Kanals. Ein zusätzliches Lager in der Mitte des Turmes verhindert
das Fallen des Messerkopfes unter die eingestellte Höhe, die nötig ist, damit
der Kopf das nächste Zahnpaar erreicht.
Also ich habe mich schon über Al-Jazaris langes Gerede
aufgeregt, aber ich bin selbst nicht besser und wüsste es auch nicht besser zu erklären.
Es liegt halt an der Natur der Uhr.
Die Halbstundenkugeln werden in einem Becken zwischen den
Vorderbeinen des Elefanten gesammelt, nachdem sie die Vasen verlassen haben, in
welche die Drachenmäuler die Kugeln spucken. Der Anschaulichkeit halber haben
wir das Pferd von hinten aufgezäumt. Jetzt kommen wir zu der eigentlichen
Ursache, warum das oben Gesagte passiert.
Bild 9. Das Uhrwerk läuft.
9 Ein Elefant mit einem inneren Geheimnis
Der Elefantenbauch ist mit Wasser gefüllt, besser gesagt
ein Bottich in ihm. Ein Schwimmer aus geschlagenem Messing in Form einer hohlen
Halbkugel wird innen an der Bottichwand mit einem dreigliedrigen, lockeren Scharnier verbunden.
Das Scharnier ist nach oben und unten beweglich und ermöglicht ein gerades
Sinken. Der Wasserstand ist in Höhe der Befestigungsklammern des Schwimmers an
der Bottichwand. Auf dem Schwimmer befindet sich die Phönixpfeife wie oben beschrieben (Bild
1), welche wie gesagt nicht unter das Wasser kommt. Jetzt kann es losgehen! Am
Schwimmer befindet sich noch ein Seil, oder eine Kette, das oben mit dem
beweglichen Kanal verbunden ist. Beim Sinken des Schwimmers wird das Seil
gestrafft und die Kugel wird freigelassen. Die freigelassene Kugel durchläuft
jetzt die oben erklärten Etagen und bringt einen Drachen zum Kippen und zieht
den Schwimmer ruckartig nach oben, der mittels der Ketten, die an den Schwänzen
des Drachens befestigt sind, welche sich dabei in den gebogenen Schwanzenden
aufrollen und entleert dabei den Schwimmer. Der Drachenschwanz ist um die Achse
ringförmig gerollt, auf der sich der Drache mit den Krallen festhält und sie
enthält eine Kupferscheibe mit Nut auf der sich die Kette aufrollt. Flügel und
Krallen der Drachen sind mittels Blei schwerer als Kopf, Hals und Schwanz,
somit richtet sich der gekippte Drachen
gleich wieder auf.
Die Schüssel befindet sich jetzt wieder auf dem Wasser und
der Drache ist wieder zum Falkenkopf aufgefahren. Jetzt kommt der andere Drache
dran.
Übrigens wird das Loch im Onyx des Schwimmers mit einer
kalibrierten Wasseruhr getestet, damit das Volllaufen innerhalb einer halben
Stunde gewährleistet ist.
Doch was passiert nun mit den Kugeln wenn der Drachen sie
in die Vase gespuckt hat? Dann kollern sie in ein Becken zwischen den
Vorderbeinen des Elefanten. Doch vorher bewegt die Kugel noch die Arme des
Mahouts auf dem Elefanten.
10 Der Mahout auf dem Elefanten und seine Mission
Der Mahout sitzt vor dem Turm und wenn eine halbe Stunde
vergangen ist, schlägt er mit dem Holzhammer auf den Elefantenkopf,
gleichzeitig fuchtelt er mit dem rechten Arm von unten nach oben und schwingt
dabei furchterregend mit der Axt, die er dort hält. Übrigens sollen die Tiere
Kulturen verkörpern, der Drache sicherlich China, der Elefant Indien und
Afrika, der Phönix die persische Kultur und das Wasserwerk die altgriechische.
Natürlich vertreten die Menschen mit Turban den Islam. Also diese Uhr spricht
für sich.
Schauen wir uns noch einmal kurz den Mechanismus an. An
der Stelle, worauf der Mahout sitzt, ist im Elefanten ein sogenannter Löffel
eingebaut. Er ist rechts mit der Trennwand zwischen Bauch und Brust des
Elefanten durch eine Achse verbunden, die ein Rotieren ermöglicht. Das Ende des
Löffels, das auf der Achse sitzt, hat eine Verbindung durch eine dünne
Eisenstange zum rechten Oberarm, die die Axt in die Höhe hält. Die Eisenstange
hat zu Ringen geformte Enden, die bei ihrer Befestigung eine lockere Bewegung
erlauben. Das andere Ende des Löffels geht zum linken Arm mittels einer
lockeren Kette. Der Holzhammer liegt auf dem Elefantenkopf, weil er schwerer
als der Arm ist. Wenn nun eine Kugel auf den beweglichen Löffel fällt, rotiert
er um die Achse rechts, reißt die Axt runter und den Hammer hoch und kurz danach kommen die Arme wieder
in die Ausgangsposition. Die Kugel hat den Löffel verlassen.
Also noch einmal: Von der linken und rechten Vase gehen
schräge Tüllen aus, die die Kugeln auf den Löffel fallen lassen. Dabei steigt
durch das Gewicht der Kugel der Hammer auf und die Axt sinkt. Die Kugel fällt
raus, der Hammer fällt auf den Kopf des Elefanten und die Axt wird wieder
erhoben. Die Kugel wird in einem Becken gesammelt.
Bild 10. Der Mahout zeigt, was die Stunde geschlagen
hat.
11 Leider ist nun Schluss
Ich bewundere Ismail al-Jazaris Fähigkeit, Ingenieurwissen
und künstlerische Darstellung zu vereinen. Er lebte von 1136-1206, also im
Mittelalter. Er baute sogar astronomische Uhren. Es ist verlockend sich auch
solch eine Uhr vorzunehmen. Er lebte in der Türkei in Diyarbakır[1]. Geboren
wurde er in Cizre [2], am Tigris. Auf ihn aufmerksam geworden bin ich durch ein
Buch „Ingenieure, Auf den Spuren großer Erfinder und Konstrukteure“, vom DK
Verlag [3]. Al-Jazaris Elefantenuhr hat mich gleich begeistert. Der Ingenieur
Donald R. Hill übersetzte al-Jazaris „Buch des Wissens von sinnreichen
mechanischen Vorrichtungen“ aus dem Arabischen ins Englische. Es ist ein
Glücksfall, dass er das tat! Sein Buch konnte ich jedoch nicht erwerben. Im
Internet fand ich aber eine PDF davon [4], die ein völliger Ersatz für das Buch
ist. Von diesen mechanischen Geräten ist kein Loskommen, hat man sich einmal
festgelesen. Viel Spaß dabei!
12 Literatur
[1]
By Al-Jazari
Public
Domain,
[2] https://data.cerl.org/thesaurus/cnp00403370
abgerufen am 31.08.2018
abgerufen am 31.08.2018
abgerufen am 31.08.2018
[4] Adam Hart-Davis
„Ingenieure, Auf den Spuren großer Erfinder und Konstrukteure“, vom DK
Verlag, London 2012
abgerufen am 15.06.2018
[6] Donald Hill „A history of engineering in classical and
medieval times“, Routledge Verlag, London 1996
[7] Donald R. Hill: Islamic Science and Engineering,
Edinburgh University Press, Edinburgh, 1993
Ein Auszug aus dem Jahrbuch für Optik und Feinmechanik 2018. Erschienen im
OPTIK-Verlag Dr. Wolf-Dieter Prenzel
OPTIK-Verlag Dr. Wolf-Dieter Prenzel
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